Sonntag, 24. April 2011

Jesus – Störer stiller Freuden

(Gekürzt in der BaZ vom 29. April 2011, ungekürzt auf der webpage von "Rettet Basel")

In der BaZ predigen in letzter Zeit merkwürdige Theologen. „Wenn andere sich um die Verbesserung der Verhältnisse bemühen, verweist Christus auf das Jenseits“, räsoniert Markus Somm in seiner Osterandacht, und spricht Jesus damit diesseitiges Engagement ab. Vertröstung aufs Jenseits war schon immer im Sinne der Mächtigen, auch der Kirche. Ob auch Christus sein Amt als abgeschwächtes, bloss unweltliches aufgefasst hat, scheint dagegen fraglich. Jesus soll ohne alle Leidenschaft gewesen sein, dabei hatte er eine der stärksten: Den Zorn! Dass er den Wechslern im Tempel die Tische umwarf passt jedenfalls schlecht ins Bild eines weltflüchtigen Messias. Das Seligpreisen der Friedfertigkeit ist wohl Vorwegnahme jenes Reichs, welches Jesus vorschwebte und welches er nahe glaubte: Eine friedliche Welt, in welcher Menschen nicht ausschliesslich auf eigene Vorteile bedacht sind und nicht das flüchtige Ich, sondern das Begegnende im Vordergrund steht. Für die Herbeiführung des Reichs und die Austreibung der Wechsler steht dagegen das Wort: „Ich bin nicht gekommen, Frieden zu senden, sondern das Schwert“ (Matth., 10, 34). Gewaltverzicht hiess auch niemals Dulden von Unrecht, welches nicht einem selber, sondern anderen zugefügt wird. Die subversive Kraft der Botschaft Jesu liegt wohl genau darin, dass er Rechte für Schwache hier und jetzt eingefordert hat und sich damit gegen jede Vertröstung wandte. Mit der unangenehmen Spannung „zwischen der Realität, die er an sich genoss, und einem Glauben, der diese stille Freude dauernd denunzierte“ (Somm) muss in einem aufgeklärten Christentum nur leben, wer auf Kosten von Schwachen geniesst und sich für seine Vorzugsbehandlung vor Mächtigen bückt. Zu solchen hat Jesus nicht gepredigt. Christentum ist, was wir Menschen heute daraus machen. "Dies septimus nos ipsi erimus" (Augustinus): Ob die Schöpfung eine Zukunft hat hängt nun massgeblich davon ab, ob wir uns selbst um die Verbesserung der Verhältnisse bemühen und nicht auf Hilfe von oben warten.

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