Freitag, 8. April 2011

Brief an die Konzernleitungen schweizerischer Unternehmen

Sehr geehrte Damen und Herren
Dass die SVP nur kriminelle Ausländer im Visier hat, ist seit der Stellungsnahme ihres Präsidenten vom vergangenen Sonntag widerlegt. Der SVP muss spätestens seit der Verknüpfung der Energiefrage mit der "Ausländerfrage" akute Fremdenfeindlichkeit attestiert werden. Es gibt anscheinend keine Sachfragen, welche diese Partei nicht mit dem „Ausländerproblem“ in Verbindung zu bringen im Stande ist. Der SVP geht es nicht um die Lösung der drängenden Probleme unserer Gesellschaft – wozu die Ausländerfrage gehören mag oder nicht –, sondern um das Schüren von Ausländerfeindlichkeit für zweckfremde Anliegen. Dies kann aber auch der Wirtschaft nicht recht sein.
Noch wird Ihren ausländischen Mitarbeitern auf der Strasse meistens freundlich begegnet.
Noch gibt es keine Bürgerwehren gegen kriminelle Ausländer, die „aus Versehen“ auch mal gegen Unbescholtene oder Partei-Kritiker handgreiflich werden. Noch wird man selten bedroht, wenn man sich öffentlich für ein Klima des Miteinanders stark macht. Dies kann sich aber schleichend oder schnell ändern, wie die Situation in Ungarn zeigt oder zurückliegende geschichtliche Entwicklungen lehren, und man sollte vorbeugen, solange man noch kann. Abgesehen davon gebietet der Respekt gegenüber unseren Mitmenschen ohne Schweizerpass, zur zunehmenden Ausländerfeindlichkeit nicht länger zu schweigen.
Es besteht ein eklatantes finanzielles Ungleichgewicht zwischen denjenigen, die Ressentiments gegen Ausländer schüren und denjenigen, die sich dagegen wehren. Ich bitte Sie deshalb, die finanziell schwächere Seite zu unterstützen. Ich bitte Sie, sich ebenfalls gegen die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in unserem Land zu wehren. Ich bitte Sie, sich für eine demokratische und weltoffene Schweiz sowie für mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung einzusetzen. Ihre parteipolitische Neutralität verbietet Ihnen nicht, sich gegen gefährliche Entwicklungen zu stellen – schon gar nicht, wenn diese Entwicklungen Ihren fundamentalen wirtschaftlichen Interessen zuwider laufen.
Mit freundlichen Grüssen
Lic. iur. Matthias Bertschinger
Unternehmer und Vorstandsmitglied in mehreren zivilgesellschaftlichen Vereinigungen, welche sich für Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und eine weltoffene Schweiz einsetzen.
Innere Engi 14, 4208 Nunningen

1 Kommentar:

  1. Ich habe diesen Brief mal als Versuch in meinem Namen an einige Unternehmen gemailt. Bisher habe ich erst eine Antwort erhalten, und diese war eher verächtlich. Auf meine Bitte, mein Mail doch den Vorgesetzten vorzulegen, da diese meine Sorgen teilen könnten, antwortete mir der Media Relations Officer (oder so ähnlich) der Bank Vontobel: „Das wird wohl nicht nötig sein. Meine Vorgesetzten machen auf mich einen sehr entspannten und sorgenfreien Eindruck“.
    Wenigstens hatte dieser Officer Humor.

    AntwortenLöschen