Sonntag, 23. März 2014

Zu den öffentliche Äusserungen Ihres Synoden-Präsidenten (offener Brief an die RKK BS)



Sehr geehrte Damen und Herren

Mir geht es mit dem vorliegendem Schreiben darum, dass rassistische* Äusserungen von Amts- und Würdeträgern nicht schweigend hingenommen werden.

Ich beziehe mich auf Äusserungen Ihres Synodalratspräsidenten in der Basler Zeitung vom 4. März und der Tageswoche vom 21. März 2014. Herr Ziegler verweigert Muslimen mit seinen Pauschalurteilen die Anerkennung als gleichberechtigte Diskussionsteilnehmer und hintertreibt damit nicht nur den interreligiösen Dialog, sondern leitet auch Wasser auf die Mühlen derjenigen Kräfte, die mit populistischen Methoden einen Keil in unsere Gesellschaft treiben (ich nenne in diesem Zusammenhang auch ausdrücklich die Basler Zeitung!).
Im Beitrag der Tageswoche vom 21. März lässt Herr Ziegler an seiner Verweigerungshaltung keine Zweifel aufkommen, indem er sagt: So lange „der Islam“ (wohl vorgestellt als eine Art Hypostase, als eigenständige Existenzform) nicht gewisse Vorbedingungen erfüllt (welche zu erfüllen „der Islam“ ausserstande ist, da es ihn als eine solche eigenständige Existenzform nicht gibt), „müsse man über eine Anerkennung gar nicht erst diskutieren“. Herr Ziegler will, dass „der Islam“, also dieses handlungsfähige Etwas, der Gewalt abschwört. Damit beleidigt er eine Mehrheit der Muslime, die eine solche Mahnung nicht nötiger hat als die alteingesessenen Nichtmuslime, wie der Historiker Georg Kreis in der erwähnten Ausgabe der Tageswoche zurecht bemerkt.

Ihr Synodalratspräsident schlägt mit seinen Äusserungen nicht nur sämtliche Mahnungen des Bischofs von Basel und des Papstes in den Wind – beide lehnen Pauschalurteile und die Verweigerung des Dialogs dezidiert ab. („Es ist mir ein starkes Anliegen, dass gerade Menschen, die aufgrund ihrer Weihe, Beauftragung oder ihres Engagements in einem besonderen Masse Vertreter oder Vertreterinnen der römisch-katholischen Kirche sind, sich sorgfältig ausdrücken und Verallgemeinerungen aller Art meiden“ [Bischof Felix Gmür in seinem Schreiben vom 12. März 2014].) Herr Ziegler ignoriert mit der polemischen Bemerkung, in der Bundesverfassung sei schliesslich von „Gott“ und nicht von „Allah“ (notabene das arabische Wort für „Gott“) die Rede, auch die reflektierte Haltung des Bischofs und zahlreicher anderer Kirchenvertreter, welche die Anerkennung weiterer Religionsgemeinschaften im Interesse der Integration der Gesellschaft (und nicht nur der Muslime!) grundsätzlich begrüssen. („Der Problematik einer extremistischen Auslegung religiöser Ansichten kann meiner Ansicht nach am besten mit der akademischen und staatlichen Einbindung […] begegnet werden […]“ [Felix Gmür].)

Wie gedenkt die RKK Basel-Stadt  – namentlich angesichts des Desiderats eines gelingenden Dialogs der Religionen und Kulturen in einer vielfältigen, offenen Gesellschaft – mit den öffentlich geäusserten, wiederholten und herablassenden Pauschalurteilen ihres Synodalratspräsidenten umzugehen?

Abschliessend sei Ihnen der ausgezeichnete  „Leitfaden für den interreligiösen Dialog“, der letztes Jahr erschienen ist und  vom „Interreligiösen Think-Tank“ herausgegeben wurde, wärmstens zur Lektüre empfohlen.

Mit freundlichen Grüssen
Matthias Bertschinger
Präsident Neue Europäische Bewegung Schweiz (NEBS) Sektion beider Basel sowie (Vorstands-) Mitglied weiterer zivilgesellschaftlicher Organisationen, die sich für die (europäische) Integration engagieren.


(* vorliegend ist der Begriff „rassistisch“ im soziologischen, nicht im rechtlichen oder gar biologischen Sinn zu verstehen. Der treffendere Ausdruck für „Rassismus“ im soziologischen Sinn lautet „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“.  Diese richtet sich je nach Mode bzw. medialer Empörungslage wahlweise gegen bestimmte Ethnien, Angehörige anderer Religionsgemeinschaften, Menschen mit abweichenden sexuellen Präferenzen etc. und tritt häufig nicht isoliert auf [so ist die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen mit einer xenophoben Haltung bspw. auch antisemitisch, islamophob, homophob oder sexistisch sind, laut einer Studie der Friedrich Ebert-Stiftung sehr hoch]. Theologisch bzw. existential lässt sich das Ressentiment als Externalisierung des „mysterium tremendum“ und dessen Projektion auf Fremde und Schwache bzw. Fremd- und Schwachgesetzte(s) interpretieren und wäre – so verstanden – eine Abwendung von Gott [bzw. eine Abwendung von der unverfügbaren Seite des Daseins; solche und ähnliche, hermeneutische Annäherungsversuche an Gegenstandsbereiche  bzw. Phänomene sind in Zeiten des „Messbarkeitwahns“ und einem entsprechenden Wissenschaftsverständnis bzw. Menschenbild leider etwas in Vergessenheit geraten].)

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