Donnerstag, 22. Dezember 2011

OFFENER BRIEF

Nunningen, 21. Dezember 2011

Sehr geehrte Entscheidungsträger in unserem Staatswesen

Aus verschiedenen Quellen habe ich erfahren, dass Asylsuchende an der Empfangsstelle Basel an der Freiburgstrasse 50 weggewiesen wurden und die Nacht im Freien verbringen mussten. Gestern wurde beobachtet, wie eine Familie mit 9 Kindern sich in Campnähe darauf einrichtete, die Nacht draussen zu verbringen. Das kleinste dieser Kinder war etwa 5 Monate alt! Nur dank dem Eingreifen engagierter Bürger wurde das Schlimmste verhindert. Anscheinend fühlt sich niemand sonst für diese Menschen zuständig.

Als Bürger dieses Landes schäme ich mich zutiefst, dass es soweit kommen konnte. Die Zustände an unserer Stadtgrenze kontrastieren aufs Schärfste mit dem Lichterglanz in unserer Innenstadt. Dieser Kontrast wirft ein Licht auf ein ganz anderes Flüchtlingsproblem. Zum Vorschein kommt unsere eigene Flucht in eine Scheinwelt, die sich der real existierenden Welt um uns herum, für deren Glanzlosigkeit wir wesentlich mitverantwortlich sind, verschliesst. Während wir Weihnachtsgeschenken für unsere Kinder nachjagen, leiden unmittelbar neben uns Kinder, die von Geschenken nur träumen können, ohne dass wir das bemerken.

Ich appelliere an Ihren aufgeklärten Widerstandsgeist gegen eine gefühlte Mehrheit, die behauptet, das Boot sei voll, und dabei verkennt, dass wir längst alle in demselben Boot sitzen. Bitte setzen Sie ALLE Hebel in Bewegung, damit bei uns kein Mensch mehr auf der Strasse übernachten muss. Und zwar noch heute!

Mit freundlichen Grüssen

Matthias Bertschinger, 4208 Nunningen

Sonntag, 18. Dezember 2011

Selbstbetrug

Wir sind Leben, das sich selbst erkennt. In diesem Erkennen liegt nicht nur ein Erstaunen, sondern auch ein Erschrecken, das uns Menschen in der Regel heillos überfordert. Wir Menschen neigen deshalb dazu, in selbstbetrügerischer Weise durch Instrumentalisierung unseres Geistes diesen selbst von seinem eigenen Erkennen abzulenken, etwa vermittels sog. Rationalisierungen. Evolutionsbiologische Theorien wie diejenige von Robert Trivers über den Selbstbetrug (ZEIT Nr. 50, S. 41f.), welche diese ontologische Dimension des Erkennens nicht mitberücksichtigen, greifen nicht nur zu kurz, sondern sind – welche Ironie! – selbst Ausdruck eines Selbstbetrugs, nämlich des oben beschriebenen, viel fundamentaleren. In solchen Rationalisierungen drückt sich das Erkennen selbst als Selbstbetrug aus.
Unsere „geistlose“, von Rationalisierungen geprägte Zeit erweist sich bei näherer Betrachtung nicht etwa als Folge der Abwesenheit von Geist, sondern als Folge einer unvermindert intensiven Anwesenheit von Geist in einem anderen, diesen selbst verhüllenden Gewand. Was für eine erstaunliche Blüte hat die Evolution hier getrieben! Gemeint ist aber eben nicht der Geist als bloßes Mittel, dessen sich der Mensch bedient, und als welcher er aus evolutionsbiologischer Sicht erscheint, sondern Geist als aus sich selbst heraus erkennendes Erkennen, der sich umgekehrt des Menschen als Werkzeug bedient – sei es, indem er sich verbirgt, was uns Menschen in der Illusion wiegt, Herr über unser eigenes Handeln zu sein, oder sei es, indem er sich entbirgt, wodurch uns nebst unseren beängstigenden Grenzen auch unsere Freiheit offenbart würde. Ob diese erstaunliche, Blüte der Evolution, die sich in der Regel verbergend entbirgt, uns Menschen auch zum Überleben befähigt?

Zum Fest der Liebe

„Die Zeiten sind besonders strub“. Wer würde dieser Aussage angesichts der gegenwärtigen Krisen nicht zustimmen? Mich erinnert sie an eine andere Aussage, die ich als Gärtner auch jedes Jahr gehört habe: „Die Pflanzen sind dieses Jahr besonders stark gewachsen“.
Nicht alles ist so, wie es erscheint. Von unserer Wahrnehmung hängt ab, wie die Wirklichkeit erscheint, und davon wiederum, wie wir gestaltend auf sie einwirken: „Es ist viel stärker gewachsen, also müssen wir stärker zurückschneiden“. Die von uns veränderte Wirklichkeit bestätigt nun unsere Wahrnehmung: „Dieses Jahr ist alles viel stärker gewachsen, denn sonst hätten wir ja nicht stärker zurückschneiden müssen“. Blicken wir im Folgenden über den Gartenhag.
Nach diesem Muster kann man eine Spirale sich selbst erfüllender Wahrnehmungen erzeugen: Probleme („Wir haben ein Ausländerproblem“) oder deren Erscheinungsweisen („Wir haben eine Finanzmarktkrise“) lassen sich so herbeireden. Damit kann man von eigentlichen „Problemen“ („Wir sind unterwegs ins globale Dorf“) und tieferen Problemursachen („Wir haben eine Systemkrise“) ablenken – genauer: von uns selbst als einem Teil des Problems. Probleme in eine Sphäre des Unerklärlichen oder Schicksalhaften zu rücken („Die Zeiten sind strub“) entbindet uns am wirksamsten davon, uns selbst als Handelnde (oder was als dasselbe erscheint: als Nicht-Handelnde) in diesen Zeiten zu sehen.
Tragen wir etwas Sorge zu unseren Wahrnehmungen, denn sie übertragen sich in die Welt. Aber eben nicht, indem wir versuchen, sie zu lenken. Tragen wir Sorge zu unseren Wahrnehmungen, indem wir uns bemühen, möglichst schonungslos hinzusehen, was ist, und wie es ist. Das Schwierige dabei ist, dass wir so auch die Kontrolle über unsere Empfindungen verlieren, welche unsere Wahrnehmung begleiten und unser Handeln leiten. Weihnachten steht für eine Empfindung, welche sich unserer Kontrolle komplett entzieht. Wir werden von der Liebe ergriffen, herbeilenken lässt sie sich nicht. Der Boden, auf dem sie gedeiht, ist das schonungslose Hinsehen. Vieles hängt davon ab, ob wir lernen, das auszuhalten.
Frohe Weihnachten!

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Konkordanz und kein Diktat

Die Konkordanzdemokratie hat sich bewährt. Das Parlament liess sich nicht durch ungerechtfertigte Ansprüche einschüchtern, und es hat mit der für unser Land massgebenden Nüchternheit gute Leistungen anerkannt und honoriert, wie sie Eveline Widmer-Schlumpf erbracht hat. Die Bündner Magistratin ist vor vier Jahren von der Bundesversammlung als SVP-Politikerin zur Bundesrätin gewählt worden. Ihr Parteiausschluss war ein Akt unhelvetischer Arroganz. Seitdem sieht sich die SVP im Bundesrat untervertreten und setzt diese behauptete Verletzung der Zauberformel mit einer Verletzung der Konkordanz gleich. Doch in der Zauberformel findet Konkordanz nur ihren Niederschlag. Ohne den Willen zur Zusammenarbeit ergibt die Zauberformel keinen Sinn. Unsere Konkordanz wird nicht durch das Zurückweisen ungerechtfertigter Ansprüche infrage gestellt, sondern im Gegenteil durch die diktatorische Weise, wie die SVP ihre Ansprüche stellt und was darin zum Ausdruck kommt: Mangelnder Wille zur Zusammenarbeit - das Gegenteil von Konkordanz. Mit der Wiederwahl der Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf beweist die Bundesversammlung, dass sie verstanden hat, was Konkordanz ist. Wir wünschen allen Landesmüttern und –vätern ein segenreiches Wirken für das ganze Land.

Förderkreis des Club Helvétique


La democrazia di concordanza ha dimostrato il suo valore. Il Parlamento non si è lasciato intimidire da pretese ingiustificate, ed ha riconosciuto e premiato Eveline Widmer-Schlumpf per i buoni servizi dati al nostro paese.

Quattro anni fa, la magistrata grigionese è stata eletta consigliera federale dall'Assemblea federale come rappresentante dell'UDC. La sua espulsione dal partito è stato un atto di arroganza contrario alla tradizione elvetica. Da allora, l'UDC è sotto-rappresentata nel Consiglio Federale, ma la presunta violazione della formula magica è paragonabile a una violazione della concordanza. La formula magica, infatti, riflette soltanto la concordanza. Senza la volontà di collaborare, la formula magica non ha senso. La nostra concordanza non è il rifiuto di discutere di pretese ingiustificate, ma piuttosto il rifiuto del modo dittatoriale con cui l'UDC esprime le sue esigenze: la mancanza della volontà di collaborare è l'opposto della concordanza. Con l'elezione della consigliera federale Eveline Widmer-Schlumpf, l'Assemblea federale ha dimostrato di aver capito ciò che è la concordanza.

Auguriamo a tutte le madri e i padri della nazione, un lavoro benefico per tutto il paese.

Il Comitato di sostegno al Club Helvétique


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La démocratie basée sur la concordance a démontré toute sa valeur. Le Parlement ne s'est pas laissé intimider par des prétentions injustifiées et a reconnu et récompensé Éveline Widmer-Schlumpf pour les bons services qu'elle a rendu à notre pays.

Il y a quatre ans, la magistrate des Grisons a été élue conseillère fédérale par l'Assemblée fédérale comme représentante de l'UDC. Son expulsion du parti a constitué un acte arrogant contraire à la tradition helvétique. Depuis lors, l'UDC est sous-représentée au Conseil Fédéral, mais la violation supposée de la formule magique est comparable à une violation de la concordance. La formule magique en effet, reflète simplement la concordance. Sans la volonté de collaborer, la formula magique n'a pas de sens. Notre concordance n'est pas le refus de discuter des prétentions injustifiées, mais plutôt le refus de la façon dictatoriale avec laquelle l'UDC exprime ses exigences: l'absence de la volonté de collaborer est à l'opposée de la concordance. Avec l'élection de la conseillère fédérale Éveline Widmer-Schlumpf, l'Assemblée fédérale a montré avoir compris ce qu'est la concordance.

Nous souhaitons à toutes les mères et à tous les pères de la nation un travail bénéfique pour tout le pays.

Le Comité de soutien au Club Helvétique

Sonntag, 4. Dezember 2011

Die FDP, die Liberalen und Wir

(Publiziert auf der Online-Plattform "Infosperber", 7. Dezember 2011, gekürzte Fassungen in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 10. Dezember 2011 und weiteren Printmedien)

Die Erbschaftssteuer ist eine liberale Steuer. Sie müsste also ganz im Sinne der FDP sein. Doch das Gegenteil ist der Fall. Was macht eigentlich Solidarität auch für uns „Schwache“ so schwierig?

Christliche und linke Parteien verlangen mit einer Volksinitiative die Einführung einer nationalen Erbschaftssteuer. Erwartet werden Einnahmen von 3 Milliarden Franken. 2 Milliarden Franken sollen in die AHV fliessen, eine Milliarde an die Kantone. Die kantonalen Erbschafts- und Schenkungssteuern (insgesamt ca. 800 Millionen Franken) würden im Gegenzug wegfallen.

Die Erbschaftssteuer ist nicht nur ein christliches und linkes, sondern auch ein urliberales Anliegen. Sie müsste also ganz im Sinne der FDP sein. Denn mit der Erbschaftssteuer wird nicht Leistung besteuert, sondern pures Glück. Geburtsprivilegien wurden mit der Französischen Revolution abgeschafft. Der Liberalismus sieht alle Menschen als von Geburt an gleich und frei. Die Vererbung von Grossvermögen unterläuft dieses Prinzip, denn mit ihnen wird auch Macht weitervererbt und angereichert. Von den 300 reichsten Schweizern ist die Hälfte durch Erbschaften reich geworden. Mittlerweile besitzen 3 Prozent der privaten Steuerpflichtigen gleich viel wie die restlichen 97 Prozent. Es droht eine Refeudalisierung der Schweiz, ein Rückfall ins vor-vorletzte Jahrhundert.

Unter einer Konzentration von Reichtum leidet nicht nur die Chancengleichheit und die Demokratie, sondern auch unsere Leistungsgesellschaft. Studien zeigen, dass sich Länder mit hoher Ungleichheit schlechter entwickeln als Länder mit weniger Ungleichheit. Noch weniger Gleichheit als in der Schweiz gibt es nur noch in Singapur und Namibia. Singapur ist wie die Schweiz eine Oase für Steuerfluchtgelder, und der Druck auf solche Steueroasen wächst – und zwar zu recht. Haben wir eigentlich noch die richtige Geschäftsstrategie?

Das Mantra der Geldaristokraten und ihrer neoliberalen Günstlinge lautet, Freiheit werde immer nur vom Staat bedroht. Davon, dass auch private Macht die Freiheit bedroht, und dass der Staat die Freiheit von uns weniger Mächtigen überhaupt erst ermöglicht, ist nie die Rede. Der Staat soll nicht neue Steuern erheben, sondern noch mehr sparen, heisst es. Gespart werden soll bei der „aufgeblähten Sozialindustrie“, den „Scheininvaliden“, beim „aus den Fugen geratenen Erziehungswesen“ und bei den „Scheinasylanten“ sowieso. Dass dort auch Missstände herrschen können, sei nicht in Abrede gestellt. Auffällig aber ist, dass Sparübungen so oft auf Kosten der Armen, der Kranken, der Kinder oder der Flüchtlinge gehen sollen, also bei den schwächsten Gliedern unserer Gesellschaft ansetzen.

Offensichtlich genügen einfachste sprachliche Manöver, um unser Gewissen zu beruhigen, wenn es einmal mehr die Schwächeren treffen soll. Wir machen nämlich gerne mit, denn es befreit nicht nur die Mächtigen von uns Schwachen, sondern auch und gerade uns selbst, wenn wir gegen noch Schwächere losgelassen werden. Wovon?

Darüber wird viel, aber oft zu wenig radikal nachgedacht. Eine in der Denktradition Heideggers liegende Herangehensweise könnte weiterhelfen. Gegen Schwache kann man erst vorgehen, wenn man sie verachtet. Man muss zuerst lernen, in ihnen (wenn auch nicht ebenbürtige, so doch) egoistische Konkurrenten zu sehen. Als Faule, Kriminelle oder Profiteure erscheinen Schwache als solche, die sich schon selbst zu helfen wissen. Weil Schwache so zugleich als Starke erscheinen, bedürfen sie nicht unseres Mitgefühls, welches Schwache in unseren Augen nicht nur aufrichtet, sondern uns im selben Zuge – und hier liegt der Hund wohl begraben – immer auch unser eigenes, existentielles Schwach-Sein offenbart.

Denn erst mitfühlend erkennen wir, was wir normalerweise gar nicht wahrnehmen und wahrnehmen wollen: Dass und inwieweit unserem Handeln das stetige Bemühen zugrunde liegt, grösser und stärker zu erscheinen, als wir sind. Mitfühlend kann man die hoffnungslose Vergeblichkeit, die fatalen Folgen für andere und uns selbst, die enorme, Wirklichkeit erzeugende Tragweite und die tiefe seelische Ursache dieses Bemühens nicht mehr verdrängen, da im Mitfühlen oder Mitleiden gerade das Gegenteil, nämlich ein Zulassen von Bewusstsein zum Ausdruck kommt. Erst mit diesem Zulassen von Bewusstsein erkennen wir Menschen als wesentlich Gleiche und Freie. Wir erkennen, dass Menschen am je eigenen Dasein auf eine wesentlich gleiche Weise leiden, gleich ins je eigene Leben freigesetzt wurden und dem je eigenen, unentrinnbaren Schicksal gleich ausgeliefert sind. Wir erkennen uns in einem existentiellen Sinne als Verlierer.

Um uns selbst nicht als Verlierer sehen zu müssen, machen wir andere zu Verlierern. Das wirkt befreiend, aber genau dadurch werden wir nicht nur unfrei, sondern letztlich auch beziehungsunfähig. Mächtige machen sich nur unsere eigene Bereitschaft zur Selbstüberhöhung zunutze, welche sich aus dem Zusammenspiel von Bewusstsein, halbbewusster Selbsttäuschung darüber, was wir eigentlich ohne weiteres erkennen, und instinktiver Gefahrenabwehr ergibt. Indem sie Feindbilder liefern oder Menschen in bereits vorhandenen Vorurteilen bestärken, sorgen Mächtige dafür, dass wir Schwächeren uns gegenseitig gering achten und dadurch selbst in Schach halten.

Wir müssen endlich lernen, solche Selbsttäuschungsmanöver zu durchschauen – auch im Interesse der Reichen. Denn das Schicksal des Planeten ist auch das Schicksal ihrer Kinder. Umlernen beginnt in der Schule. Die Schule muss unsere Kinder zu einem bewussten Umgang mit dem Leben befähigen, nicht zu einem blinden Konkurrenzkampf. Wahrzunehmen, wo Menschen verführt werden, und weshalb sich Menschen so leicht verführen lassen, will gelernt sein. Der Allgemeinbildung, der Staatsbürgerkunde, der Medienkompetenz, dem Fach „Religionen und Kulturen“ und überhaupt den als „nicht nützlich“ belächelten geisteswissenschaftlichen Fächern muss eine viel grössere Bedeutung zukommen. Der Philosoph Martin Heidegger sagte einmal, „Wissenschaft denkt nicht“. Er meinte damit, dass uns der naturwissenschaftlich-technische Ansatz bei den wirklich entscheidenden Fragen nicht weiterhilft.

Umlernen müssen wir aber auch im Alltag. Die Frage, wohin eine wachsende Entsolidarisierung führen kann, betrifft uns alle. Verteilfragen müssen deshalb endlich wieder gestellt werden dürfen, ohne reflexartig als Neider hingestellt zu werden. Sie lassen sich aufgrund der wachsenden Rohstoffknappheit ohnehin nicht ewig hinausschieben. Mit der Schuldenwirtschaft geschieht aber genau das: Wir verschieben unangenehme Verteilfragen auf die nächsten Generationen.

Die Stärke des Volkes bemisst sich am Wohl der Schwachen, heisst es in der Präambel unserer Bundesverfassung, einem Gesellschaftsvertrag, den wir mutigen Liberalen des 19. Jahrhunderts zu verdanken haben. Er ist nur so viel wert, wie wir ihn auch leben. Der FDP fehlen heute die mutigen Liberalen. Dadurch, dass sie den Geist der Aufklärung nicht mehr atmen, sondern Menschen in ihren Vorurteilen bestärken, machen sich Freisinnige selbst überflüssig.

Offenbar geht es den heutigen, real existierenden Liberalen, nur noch darum, Menschen klein und abhängig zu halten. Unsere Angst vor dem Arbeitsplatzverlust kommt ihnen dabei wie gewohnt gelegen: „Mit der Erbschaftssteuer wollen die Linken Ihr Portemonnaie plündern und zerstören dabei Unternehmen und Arbeitsplätze“, heisst es in ihrem Parteiblatt. Mit solchen und ähnlich hohlen Phrasen können sie aber gegen eine weitaus „bessere“ Konkurrenz im rechten Lager nicht punkten.

Frage zum Schluss und am Rande: Entspricht „Ihr“ Portemonnaie schon den Vorstellungen „Ihrer“ FDP? Dann herzlichen Glückwunsch und willkommen im Club! Für uns Nicht-Mehrfach-Millionäre stellt sich hingegen die Frage: Wessen Interessen vertritt diese Partei eigentlich noch? Denn Erbschaften unter zwei Millionen Franken sollen ja steuerfrei bleiben.

Matthias Bertschinger, Jurist, Gemeinderat (Grüne) in Nunningen/SO.