Offenbar ist man sich über alle Parteigrenzen hinweg einig:
Die Personenfreizügigkeit (PFZ) ist grundsätzlich etwas Schlechtes. Für
Rechtskonservative gehört die PFZ zur "linken Utopie", ist Bestandteil
der unumstösslichen "reinen Lehre". Für Teile der Linken ist sie ein
Instrument des Neoliberalismus, Freipass zum Freihandel mit billigem
"Humankapital". Alleine schon dieser Widerspruch müsste auf beiden
Seiten zu denken geben. Für Teile der Grünen ist die PFZ Ursache von
Umweltzerstörung anstatt Armutsmigration Folge fehlender
Verteilungsgerechtigkeit. Und für den ganzen Rest ist die PFZ ein notwendiges
Übel, eine Kröte, die man schlucken muss, wenn man die "bewährten
Bilateralen" nicht gefährden will, die der Schweiz innerhalb des
gemeinsamen Rechtsraumes der EU einen Sonderstatus einräumen. Dass die neu
gewonnenen Grundfreiheiten der EU, von welchen die PFZ eine ist, ein
verteidigungswürdiger Wert an sich sind, und dass ein gemeinsamer Rechtsraum
eine langsame Angleichung ungleicher Lebensbedingungen – einer wesentlichen
Ursache von Migration! – bezweckt, bleibt athematisch oder wird als "zentralistische Gleichmacherei"
diskreditiert.
Den Anti-Isolationisten und ihren Kommunikationsfachleuten
sei vorausgesagt: Europapolitische Abstimmungen lassen sich in Zukunft nicht
mehr mit PR-Phrasen gewinnen, sondern nur noch, wenn man endlich an der
bequemen und destruktiven Lebenslüge rüttelt, die Schweiz würde alles richtig
machen und alle anderen – vorab die EU – alles falsch. Anspruch der EU ist es,
gemeinsame Rahmenbedingungen zu schaffen, innerhalb welcher sich alle EuropäerInnen frei entfalten können
(wo bleibt unser konstruktiver Beitrag?). Dabei ist der europäische
Integrationsprozess eine Abfolge von Schritten, die in sich noch nicht perfekt
sind. Daraus abzuleiten, das Projekt EU sei gescheitert, zeugt von einer überheblichen
Verkennung der Situation, die nur eine irrationale Reaktion zur Folge haben kann. Mit anderen Worten: Abstimmungsergebnisse sind nur so
gut wie die Sachverhalte, die man ihnen zugrunde legt.
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