Glühende Anhänger
Alan
Cassidy meint, der "glühende Anhänger der EU" Robert Menasse liege
falsch. Aber was ist falsch an der Feststellung, dass Zuwanderung mit
den ökonomischen und sozialen Unterschieden zwischen den Nationalstaaten
zu tun hat, und dass man die "Probleme", die sich aus diesen
Unterschieden ergeben, letztlich nur gemeinsam auf transnationaler Ebene
lösen kann? Ist die Personenfreizügigkeit womöglich Teil der Lösung
(die ihrerseits flankierende Massnahmen erfordert), um besagtes
Ungleichgewicht auf ein erträgliches Mass abzusenken, und nicht das
eigentliche Problem? Weshalb werden solche Fragen in den Medien kaum
thematisiert? Weil die EU alles falsch machen muss?
Ja, noch spielt
die Solidarität nur innerhalb nationaler Grenzen, wie Cassidy richtig
bemerkt. Nur ist diese Bemerkung eine sich selbst erfüllende
Prophezeiung. Denn Mitschuld an nationalistischer Blickfeldverengung
tragen Journalisten wie er, die ein Einstehen für die
Personenfreizügigkeit als "Gottesdienst" belächeln, transnationale
Lösungsansätze als "ideologisch" diskreditieren und so erst bewirken,
dass Solidarität nur innerhalb nationaler Grenzen spielt.
Eigentlich
können wir es uns nicht leisten, diskussionswürdige Lösungsansätze
unreflektiert als "zentralistisch", "bürokratisch" oder
"unschweizerisch" abzutun. Denn genau so entstehen menschengemachte
Katastrophen: Sie werden massgeblich herbeigeredet und
herbeigeschwiegen. Gefragt wäre mehr Information, etwa über Hintergründe und Sinn und
Zweck des europäischen Intergrationsprozesses. Aber wer will schon
Gefahr laufen, als "glühender Anhänger der EU" hingestellt zu werden...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen