Die diskursive Konstruktion der Wirklichkeit (und des Geschlechts
[Gender]), die soziale Bedingtheit des Wissens, das Sprachliche und
Symbolische, das es zu dekonstruieren gälte, identitäre Zuschreibung,
repressive Vereinheitlichungen, Diskriminierung und ökonomische
Ausbeutungsprozesse etc. - all dies steht nicht nur im Interesse der
sogenannten herrschenden Klasse und ihres Machterhalts, wie manche
Marxisten glauben, sonderen auch im insgeheimen Interesse des "kleinen
Mannes". Wie Heideeger richtig bemerkte, steht das, was er das "Man"
nannte, im Dienst der Verblendung einer Erfahrung der Bedeutung des
Todes. Soziale Konstruktion dient massgeblich dem Ausweichen einer
"impressiven Entzügelung", der Flucht vor einer (psychotischen?)
Erfahrung des Ausgesetztseins, der Illusion von Kontrolle über das
Leben. Da ist mehr Metaphysik im Spiel, als sich manche Soziologen und
Kulturanthropologen (von Verhaltensforschern ganz zu schweigen) je
vorstellen können. Wir sind weit, weit, weit weg von dem, was sich mit
Fug und Recht eine "Wissensgesellschaft" nennen kann. Ohne
Explizitmachung der Strategien, wie wir Menschen uns selbst hinters
Licht führen, perpetuieren sich die Katastrophen, in welche die
Menschheit immer wieder hineinschlittert.
Wissenschaft
ist von Interessen (mit-)bestimmt. "Aufgabe von Wissenschaftskritik
wäre es demnach, diese Interessen zu entschlüsseln", wie es im Newsletter richtig heisst. Aber worin bestehen denn diese Interessen? Welche Motivation steht hinter der "Vorstellung der Werturtelisfreiheit" der
Wissenschaft, "welche die real existierenden
Verbindungen von Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft
unsichtbar mach will"? Adorno spricht mit Blick auf diese Verbindungen
von einem "Verblendungszusammenhang". Und wozu dieser dient, sagt er klar: Um
über eine "Verzweiflung" hinwegzutäuschen, die sich hinter unseren
Krämpfen wie dem "Krampf des Freut euch des Lebens" verbirgt.
Heidegger und Adorno standen sich näher, als sie es sich je eingestehen konnten.
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