Basellandschaftliche Zeitung, 26. April 2013
Der Sozial- und Wirtschaftspsychologe Christian Fichter erhebt Fremdenfeindlichkeit zur anthropologischen Grundkonstante, wenn er behauptet, Fremdenfeindlichkeit liege hierzulande wie bei Urwaldvölkern im urmenschlichen Phänomen begründet, die eigene Kultur gegenüber Profiteuren schützen zu müssen. Gemäss einem solchen biologistischen, psychologistischen bzw. utilitaristischen Verständnis ist Fremdenfeindlichkeit etwas Natürliches oder sogar Vernünftiges. Nach Ansicht des Philosophen Karl Jaspers bekämpfen wir in Fremden unser eigenes existentielle Schwachsein und unsere Sterblichkeit. Fremdenfeindlichkeit ist so verstanden nicht Folge unserer Instinkte, sondern eines "metaphysischen Erschreckens", das in unsicheren Zeiten stärker an die Bewusstseinsoberfläche drückt. Eine von vielen möglichen Strategien, diesen Schrecken unter dem Deckel zu halten, ist dessen Projektion auf Fremde und Schwache, in denen er bekämpft werden kann. Diese Sicht der Dinge erlaubt es im Gegensatz zur heute meist unhinterfragten "Urwaldtheorie", sich in seinem fremdenfeindlichen Verhalten selbst fragwürdig und verdächtig zu werden.
Matthias Bertschinger
Nunningen
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