(Basellandschaftliche Zeitung vom 18. Januar 2012, TagesWoche vom 20. Januar 2012, ...)
Blocher konnte die EMS-Chemie seinerzeit nur dank seines Insiderwissens zu einem Spottpreis erwerben. Nicht einmal dieser Umstand hindert ihn heute daran, Hildebrand als unmoralischen Spekulanten hinzustellen, um davon abzulenken, dass nicht erst gewisse Umstände das Spekulieren unmoralisch machen, sondern dass Spekulieren an sich unmoralisch ist. Unmoralisch ist Spekulieren auch und gerade nach wirtschaftsliberalem Moralverständnis, wonach niemand auf Kosten anderer leben soll, sofern er keiner Hilfe bedarf (SVP: „Leistung belohnen – Faulheit bestrafen!“). Spekulanten leben aber immer auf Kosten derer, welche die reale Wirtschaftsleistung erbringen: Auf Kosten von uns Bauern, Arbeiter und Dienstleister.
Hat sich der Wind um die Affäre Hildebrand gelegt, müssen SVP- und geistesverwandte Strategen wieder die alten Sündenböcke beschwören, um davon abzulenken, wer tatsächlich ohne Not auf Kosten der Allgemeinheit lebt. (Das Herumtrampeln auf „Scheininvaliden“, „Scheinasylanten“, „Sozialhilfebetrügern“ und allen anderen „Staatsschmarotzern“ vom Lehrer bis zu „denen da oben“ wirkt zwar langsam etwas ermüdend, ist dafür aber altbewährt und zumindest im Grundton bereits „gut-schweizerisch“, also Sitte.)
Es ist ein altes Rezept der Demagogen, andere dessen zu bezichtigen, was man selbst betreibt. Die Strategie geht auf: Per Knopfdruck das Jahreseinkommen eines Arbeiters zu „verdienen“ wird nur dem SNB-Präsidenten (und seit der Finanzkrise wenigstens auch den anderen Bankern) nicht als Tüchtigkeit ausgelegt, und auf Kosten von uns allen – das meinen die meisten – leben gerade jene nicht, die genug haben. Solange wir uns so leicht hinters Licht führen lassen, sehen wir auch keinen Weg aus der Krise.
(PS.: Ich sei ja bloss neidisch, höre ich bereits. Merke: Mit Killerargumenten Kritik abklemmen gehört ebenfalls ins Repertoire eines Demagogen, und nur seinen Nachschwätzern leuchtet nicht ein, was daran undemokratisch sein soll.)
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