Leserbrief im Wochenblatt für das Laufental und Schwarzbubenland, 16. Juni 2011
Leserbriefe, deren Inhalt sich in Unterstellungen und Ausfälligkeiten erschöpft, sind nur insoweit erhellend, als sie ein Licht auf die Frustrationen des Verfassers werfen. Bedenklich ist, dass gewisse Politiker sich des Frustrationspotentials solcher Menschen bedienen und dabei immer rücksichtsloser vorgehen.
Sie machen vor, wie man am bequemsten Luft ablässt: Durch Ausgrenzung, also auf Kosten anderer Menschen oder Gruppen. Sie machen vor, wie man andere Gruppen, zum Beispiel Leistungsträger unserer Gesellschaft (Lehrer, Richter, Sozialarbeiter etc), verächtlich macht: Indem man ihnen pauschal unlautere oder egoistische Motive unterstellt. Sie machen vor, wie man Schamgrenzen überschreitet: Indem man selbst die allerdümmsten Bemerkungen als „eigene Meinung“ beschönigt, auf welche man schliesslich ein Anrecht habe – verbunden mit dem Hinweis, dass in einer Demokratie jede Meinung gleich viel „wert“ sei. Populisten bieten Menschen so ein Ventil für ihre Frustrationen. Dadurch machen sie Menschen von sich abhängig und gewinnen Macht.
Weil Macht für Populisten alles bedeutet, sind ihnen drei Dinge völlig egal: Erstens, dass es menschenverachtend ist, andere Menschen auszugrenzen. Zweitens, dass es menschenverachtend ist, frustrierte Menschen für die Ausgrenzung anderer Menschen zu instrumentalisieren, und drittens, dass sie mit Ausgrenzung eine Spaltung der Gesellschaft billigend in Kauf nehmen.
In einer Demokratie hat jede Freiheit Grenzen. Meinungsäusserungsfreiheit hat dort eine Grenze, wo sie zum Vorwand wird, um am Fundament des demokratischen Meinungsbildungsprozesses zu rütteln, und dieses Fundament ist der gegenseitige Respekt. Wer andere Menschen oder Gruppen beschimpft oder ihnen pauschal unlautere Motive unterstellt, verletzt das Gebot des gegenseitigen Respekts.
Wir alle tragen eine Verantwortung dafür, dass der gegenseitige Respekt in unserer Gesellschaft gewahrt bleibt, auch die Medien. Indem sie Leserbriefe veröffentlichen, die ausser Rundumschlägen nichts hergeben, lassen sie diese Verantwortung vermissen – gegenüber der Gesellschaft, aber auch gegenüber Leserbriefschreibern, die sich mit dümmlichen Bemerkungen vor allen blossstellen.
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