Für Propaganda gegen die Steuerinitiative und für die Ausschaffungsinitiative wenden gewisse Wirtschaftskreise Millionenbeträge auf. Das ist kein Zufall, denn die beiden Initiativen stehen in einem engen Zusammenhang.
Seit rund 25 Jahren öffnet sich die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter. In der Schweiz besitzen drei Prozent der Bevölkerung mittlerweile gleich viel wie die restlichen 97 Prozent. Während die Steuerinitiative dieses wachsende Ungleichgewicht thematisiert, lenkt die Ausschaffungsinitiative von diesem Missstand ab.
Charakteristisch für die heutige Zeit ist, wie hemmungslos sich gewisse Kreise zur Besitzstandwahrung zweier Mittel bedienen. Eines davon ist die Drohung.
Wer höhere Mindestlöhne fordert, dem wird mit Arbeitsplatzabbau gedroht. Wer sich für die Erbschaftssteuer stark macht, dem wird mit Kapitalflucht gedroht. Der schrankenlose Wettbewerb wird nicht nur zur Bedingung für das Funktionieren der Wirtschaft erklärt, sondern auch noch für gesund befunden. Aber wer den schrankenlosen Wettbewerb zum Sachzwang erklärt, spricht dem Volk Mitbestimmungsmöglichkeit ab, und nicht, wer mit Verweis auf das Willkürverbot und andere Grundnormen daran erinnert, dass in einer Demokratie eine Mehrheit nicht alles darf.
Das zweite, perfidere Mittel zur Aufrechterhaltung aus dem Lot geratener Besitz- und Machtverhältnisse ist die Ablenkung. Um von einem gesellschaftlichen Missstand abzulenken, kann man andere Gesellschaftsgruppen oder deren Vertreter zu den Hauptverursachern von Problemen erklären und den Missmut über gefühlte Missstände auf diese Gruppen lenken. Dafür bedient man sich mit Vorteil schwacher Glieder einer Gemeinschaft, weil die sich weniger wehren können. Doch wenn Mächtige mit Demagogie von denjenigen Problemen ablenken, deren Urheber sie selbst sind, wird auch die Mehrheit der Mittäter und Mitläufer zum Opfer ihrer eigenen, hasserfüllten Politik: In den USA läuft das Volk derzeit Sturm gegen seine eigene Krankenvorsorge, aufgehetzt von Wenigen, die alles daran setzen, um nicht einen angemessen Beitrag zum Allgemeinwohl leisten zu müssen.
Nicht nur Arbeitslose, Alleinerziehende oder Arbeiterfamilien, sondern der ganze Mittelstand gehört längst zu den Verlierern eines schrankenlosen Wettbewerbs im Interesse einer mächtigen Minderheit. Das ebenso simple wie perverse Rezept des Populismus lautet seit jeher: Halte Verlierer in gegenseitiger Konkurrenz, hetze Arme gegen noch Ärmere, dann bringst du Verlierer nicht gegen dich auf, sondern gewinnst im Gegenteil auch noch willige Helfer aus ihren Reihen.Das wirkliche Problem unserer Gesellschaft heisst nicht Ausländerkriminalität oder Überfremdung, sondern Entsolidarisierung und Populismus. Die Schweiz mag eine vielversprechende Zukunft haben, sofern sie sich wieder ernsthaft um sozialen Ausgleich bemüht und den Verlockungen derjenigen widersteht, die uns Sündenböcke statt Problemlösungen anbieten. Im Kampf gegen Rechtspopulismus bedürfen menschenrechtspolitische Organisationen substantieller Unterstützung!
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