Dienstag, 22. Mai 2012

Standortwettbewerb

Nicht mehr wir Bürgerinnen und Bürger bestimmen, wie viel Geld der Staat zur Bewältigung seiner Aufgaben einnehmen soll, sondern der Standortwettbewerb. Damit bestimmt der Standortwettbewerb auch, welche Aufgaben der Staat überhaupt noch wahrnehmen soll. Standortwettbewerb ist ein Sachzwang, dem gehuldigt wird, weil man mit Verweis auf ihn Partikularinteressen auf eine erpresserische Weise durchsetzen kann, ohne als Erpresser dazustehen: „Wenn Ihr die Unternehmenssteuern nicht senkt, wandern wir ab“. Bürgerliche und Firmenchefs sprechen diese Drohung offen aus und stellen damit ihr Demokratieverständnis unter Beweis. Zuletzt Christophe Haller, FDP Basel, in seinem Leserbrief hier in der Basellandschaftlichen Zeitung: Wir sollten „alles (sic!) tun, um die vielen Arbeitsplätze“ zu erhalten. Also tun wir zum wiederholten Male alles, was uns befohlen wird. Wir senken die Unternehmenssteuern, um die vielen Arbeitsplätze zu erhalten. Dadurch wird die Standortattraktivität anderswo schlechter, und es werden dort die Unternehmenssteuern gesenkt. Danach sind wir wieder dran. Und so weiter. Das bürgerliche Geschäft mit der Angst wird noch solange funktionieren, bis wir merken, dass dem Krebsübel Standortwettbewerb nur überregional und transnational beizukommen ist, und dass es gälte, die entsprechenden Politikebenen zu stärken statt zu verteufeln. Doch bevor wir Schweizer in Gebilden wie der EU ein Mittel der Befreiung statt Unterdrückung erblicken, werden wir uns wohl noch hundert Mal erpressen lassen.

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