Freitag, 11. Oktober 2013
Donnerstag, 3. Oktober 2013
1:12 und die Debattenkultur
(Neue, leicht überarbeitete Auflage von "1:12 und Demokratie") Wochenblatt für das Schwarzbubenland und Laufental, 3. Oktober 2013,
Der Abstimmungskampf um die 1:12-Initiative wirft Fragen bezüglich der Debattenkultur auf. Um es vorweg zu nehmen: Im Interesse der Qualität unserer Demokratie bräuchte es mehr „Debatten über die Debatten“. Dazu zwei Bemerkungen.
Erstens zur guten Kinderstube: Den Initianten Neid oder andere unlautere Motive zu unterstellen, ist undemokratisch, weil man dem Neid-Vorwurf nicht mit Argumenten entgegnen kann (dasselbe gilt für den Gier-Vorwurf seitens der Initianten). Ziel jeder „Killer-Argumentation“ ist es, einer sachlichen Debatte - hier über Gerechtigkeitsfragen - auszuweichen. Die sachliche Debatte ist jedoch Kern jeder Demokratie, die mehr als ihr Zerfallsprodukt sein will. (Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass Gegner der Initiative den Neid oft als Ansporn für mehr Leistung loben.)
Zweitens zum sogenannten „Aufmerksamkeitsdefizit“: Die Initianten pochen auf den politischen respektive demokratischen Anspruch der Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse und stellen sich damit gegen marktlogische Sachzwänge. Eine Argumentation, die sich auf marktlogische Sachzwänge stützt ("scheues Reh Kapital", "Abwanderung von Arbeitsplätzen" etc.), zielt insoweit an der Sache vorbei, als es den Initianten ja gerade um die Durchbrechung dieses Teufelskreises marktlogischer Sachzwänge geht, insbesondere des Standortwettbewerbs und des in ihm angelegten „race to the bottom“.
Eine vernünftige Diskussion müsste demnach bei der Frage ansetzen, inwieweit dem Markt oder aber der Politik das Primat zukommen soll: Leisten wir freiwillig Verzicht auf Mitbestimmung, wo "der Markt" bzw. diejenigen, die in seinem Namen auftreten, einen solchen Verzicht von uns fordern? (Stutzig machen müsste hier, dass ausgerechnet jene, welche Grenzen der Demokratie leugnen, wenn es um die grundrechtlichen Voraussetzungen der Demokratie geht, plötzlich solche Grenzen fordern, wenn es um ihre Privilegien oder diejenigen ihrer Meinungsführer geht.)
In einem zweiten Schritt kann man darüber diskutieren, ob die 1:12-Initiative ein vernünftiges Mittel ist, gesellschaftliche Gestaltungsmacht zurückzuerobern. An dieser Stelle haben Sachzwänge wieder Platz: Ein mögliches Argument mit Blick auf das „scheue Reh Kapital" wäre, dass man einer globalisierten Wirtschaft nur auf supranationaler Ebene Rahmenbedingungen setzen kann. (Dann wäre es aber widersprüchlich, supranationale Zusammenarbeit oder Organisationen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu verteufeln.)
Wirtschaftliche Sachzwänge einfach unhinterfragt hinzunehmen hiesse jedoch, den gesellschaftlichen Gestaltungsanspruch ("die Demokratie") aufzugeben.
Der Abstimmungskampf um die 1:12-Initiative wirft Fragen bezüglich der Debattenkultur auf. Um es vorweg zu nehmen: Im Interesse der Qualität unserer Demokratie bräuchte es mehr „Debatten über die Debatten“. Dazu zwei Bemerkungen.
Erstens zur guten Kinderstube: Den Initianten Neid oder andere unlautere Motive zu unterstellen, ist undemokratisch, weil man dem Neid-Vorwurf nicht mit Argumenten entgegnen kann (dasselbe gilt für den Gier-Vorwurf seitens der Initianten). Ziel jeder „Killer-Argumentation“ ist es, einer sachlichen Debatte - hier über Gerechtigkeitsfragen - auszuweichen. Die sachliche Debatte ist jedoch Kern jeder Demokratie, die mehr als ihr Zerfallsprodukt sein will. (Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist, dass Gegner der Initiative den Neid oft als Ansporn für mehr Leistung loben.)
Zweitens zum sogenannten „Aufmerksamkeitsdefizit“: Die Initianten pochen auf den politischen respektive demokratischen Anspruch der Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse und stellen sich damit gegen marktlogische Sachzwänge. Eine Argumentation, die sich auf marktlogische Sachzwänge stützt ("scheues Reh Kapital", "Abwanderung von Arbeitsplätzen" etc.), zielt insoweit an der Sache vorbei, als es den Initianten ja gerade um die Durchbrechung dieses Teufelskreises marktlogischer Sachzwänge geht, insbesondere des Standortwettbewerbs und des in ihm angelegten „race to the bottom“.
Eine vernünftige Diskussion müsste demnach bei der Frage ansetzen, inwieweit dem Markt oder aber der Politik das Primat zukommen soll: Leisten wir freiwillig Verzicht auf Mitbestimmung, wo "der Markt" bzw. diejenigen, die in seinem Namen auftreten, einen solchen Verzicht von uns fordern? (Stutzig machen müsste hier, dass ausgerechnet jene, welche Grenzen der Demokratie leugnen, wenn es um die grundrechtlichen Voraussetzungen der Demokratie geht, plötzlich solche Grenzen fordern, wenn es um ihre Privilegien oder diejenigen ihrer Meinungsführer geht.)
In einem zweiten Schritt kann man darüber diskutieren, ob die 1:12-Initiative ein vernünftiges Mittel ist, gesellschaftliche Gestaltungsmacht zurückzuerobern. An dieser Stelle haben Sachzwänge wieder Platz: Ein mögliches Argument mit Blick auf das „scheue Reh Kapital" wäre, dass man einer globalisierten Wirtschaft nur auf supranationaler Ebene Rahmenbedingungen setzen kann. (Dann wäre es aber widersprüchlich, supranationale Zusammenarbeit oder Organisationen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu verteufeln.)
Wirtschaftliche Sachzwänge einfach unhinterfragt hinzunehmen hiesse jedoch, den gesellschaftlichen Gestaltungsanspruch ("die Demokratie") aufzugeben.
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