Sonntag, 29. Juli 2012

Zur Beschneidungsdebatte

Ich danke Xaver Pfister (ferienbedingt etwas verspätet) für seinen Gastbeitrag in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 14 Juli mit dem Titel "Kulturkampf bis aufs Messer".
Es ist Kennzeichen sowohl radikaler Religionskritiker als auch religiöser Fundamentalisten und Traditionalisten, dass sie Aufklärung und Religion als unvereinbar behaupten, heilige Schriften nur wörtlich auszulegen imstande sind und ihren symbolischen Gehalt nicht erkennen, etwa den radikal atheistischen Charakter des Neuen Testaments (ich verweise auf Autoren wie Bultmann, Bloch, Sölle oder den Schweizer Theologen Kurt Marti).
Es ist das Anmassende, wie wir vermeintlich Aufgeklärten auf andere Erfahrungssysteme von Welt herabblicken und das Bornierte hinter einer Gleichsetzung von Religion mit vorsintflutlich, das Religiöse zu recht so verletzt und wütend macht. Mit einer selbstkritischeren Haltung kämen wir dem Konsens näher, den wir anstreben: Heilige Schriften wenigstens dort nicht mehr so eng auszulegen, wo das zu Konflikten mit der persönlichen Freiheit, den Menschenrechten oder zu Kriegen und immensem menschlichen Leid führt.
Traurig ist, dass ausgerechnet wir vorgeblich so Aufgeklärten oft ebensowenig wie Religiöse erkennen, dass wir uns selbst in einem ganz bestimmten Erfahrungssystem von Welt bewegen, über welches wir nicht hinausblicken, weil Kultur eine solche "Verblendugungsfunktion" hat; dass auch wir "Aufgeklärten" nicht merken, dass wir immer auch für unser Erfahrungssystem oder Weltbild kämpfen, wo wir meinen, uns gehe es nur um die Aufklärung und die Menschenrechte; wie wir also selbst in jene Kulturkämpfe um Weltbilder verstrickt sind, um deren Überwindung es der Aufklärung geht.

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